Die von CDU Vorsitzenden Merz und FDP Vorsitzenden Lindner heute aufgestellte Forderung, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz bereits in der kommenden Woche die Vertrauensfrage stellen solle, halte ich aus meiner Erfahrung als früherer Oberbürgermeister für unseriös. Ich habe viel Verständnis für den Wunsch, jetzt schnell zu Neuwahlen zu kommen, das entspricht auch dem Wunsch der Bevölkerung. Aber Wahlen müssen vorbereitet werden. Sie müssen zuverlässig sein und es darf am Ende kein Zweifel daran geben, dass dabei alles nach Recht und Gesetz abgelaufen ist.
Gerade vor dem Hintergrund, dass schon bei den letzten Wahlen anschließend umfangreiche Wahlprüfungen und Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Staatsgerichtshof verhandelt werden mussten, ist es wichtig diese sorgfältig vorzubereiten. Ein Blick in die einzuhaltenden Fristen macht deutlich, dass es kaum schneller geht, als vom Kanzler vorgeschlagen. Würde tatsächlich schon jetzt die Vertrauensfrage gestellt, müssten die Stimmzettel Anfang Dezember schon gedruckt werden, ab dem 22.12. müsste Briefwahl ermöglicht werden, die Wahlvorstände bestellt und geschult worden sein. Es wäre für die Demokratie viel gewonnen, wenn die demokratischen Parteien hier bei dem sensiblen Thema nicht in Parteirhetorik verfallen würden, sondern die objektiven Umstände anerkennen und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern auch vertreten würden.

Hintergrund:

*Kleine Wahltermin Mathematik*
Mal angenommen, der Bundeskanzler stellt - wie von der Opposition vorgeschlagen - am 13. November die Vertrauensfrage. 
Was würde das für den Wahltermin und die Vorbereitung der Wahlen bedeuten? 
Vertrauensfrage - 13.11.2024
Entscheidung des Bundespräsidenten: spätestens bis 4.12.2024 Spätester Wahltermin 2.2.2025 (evtl. sogar früher, wenn der Bundespräsident schneller entscheidet) Bei einer Wahl am 2.2.2025 Briefwahlbeginn 22.12.2024 D.h., Stimmzettel müssen bis dahin fertig sein. 
Druck von Wahlzetteln in der Regel circa 2 Wochen einschließlich Verteilung an alle Wahlämter im ganzen Land. 
Start des Drucks von Stimmzetteln also 8.12.2024 Wahlämter müssen bis dahin alle Kandidaturen und Protokolle von Nominierungkonferenzen geprüft haben, Daten und Namen erfasst haben und auf Richtigkeit geprüft haben. 
Unterstellt man, dass das nur eine Woche dauert, (normalerweise dauert das mindestens vier Wochen) müssten alle Nominierungkonferenzen bis Ende November erledigt sein, einschließlich der Listenaufstellungen durch die Parteien.